Dienstag, 29. November 2011

Man möchte sich an den Hintern fassen ...

... weil einem der Kopf zu schade ist

Gestern auf Spiegel Online gelesen:

Millionen Häusern und ihren Bewohnern droht bei Feuer offenbar ein Desaster: Styropor-Platten zur Wärmedämmung sind nach Recherchen des NDR extrem leicht entflammbar. Selbst die meisten Bauherren ahnen nichts von der tödlichen Gefahr.

Danach folgt eine Bilderserie und ein äußerst reißerisch geschriebener Artikel in BILDzeitungsmanier, Augstein rotiert derweil in seiner Grabkammer. Die Bilderserie ist von einem Häuserbrand im Juni 2011, als vor ca. 5 Monaten.  Es gab also keinen aktuellen Anlass für den SPON, die Geschichte aufzugreifen. Also vielleicht eine kleine Werbehilfe für den NDR? Ich weiss es nicht. Aber immerhin hat der Beitrag mich animiert, die Sendung des NDR (Sendung Wahnsinn Wärmedämmung).

Schon toll, was die beiden Redakteure (von Beruf unter anderem Tierarzt und Reiseleiter) da so zusammen gestellt haben. Los geht das WDVS-Bashing mit Spechtschäden und anderen Grausamkeiten um sich langsam zum Höhepunkt zu steigern: Dem Brandverhalten. Gipfel der Berichterstattung ist die Nachstellung einer Brandprüfung wie sie für alle WDVS auf dem Markt vorgeschrieben ist. Dabei werden dann gravierende Fehler gemacht. So wird beispielsweise ein an realen Bauten vorgeschriebener Brandriegel nicht eingebaut. Durch die bauliche Anordnung wird ein regelrechter Kamineffekt konstruiert. Dann zündet  man einen Ofen darunter an und, sie ahnen es bereits, die Versuchsanordnung brennt wunschgemäß unter der Entwicklung dicker schwarzer Rauchschwaden ab.

 Ich habs an anderer Stelle schon mal geschrieben. Der Brandriegel soll eine schnellere Ausbreitung eines Feuers über die Außenseite gegenüber dem Gebäudeinneren verhindern. Wenn Feuer aus einem Fenster schlägt dann herrschen im Innenraum schon Gastemperaturen von ca. 1200° C. Ich möchte ja nichts schön reden, aber schauen Sie sich den Fernsehbeitrag mal an und dann können wir weiter reden. WDVS werden hier in reißerischer Art und Weise nieder gemacht, von Objektivität keine Spur.


Natürlich könnte man einwenden das reale Brandgeschehen würde sich nicht unbedingt an die geltenden  DIN Normen halten. Allerdings geht es bei den Brandprüfungen um die Vergleichbarkeit aller auf dem Markt befindlicher Systeme. Und alle möglichen Situationen können auch nicht nachgebildet werden. In Delmenhorst wurde der Brand beispielsweise mutwillig in zwei Containerstationen ausgelöst. Wenn man Vergleiche mit anderen standardisierten Vergleichstests anstellt wird es vielleicht deutlicher was ich meine. Nehmen wir mal den Autoverkehr in Deutschland. Es ist unbestritten das durch den Autoverkehr in Deutschland Menschen sterben (wahrscheinlich mehr als durch Hausbrände). Es werden sich nur wenige Menschen finden die behaupten, deswegen müsste der Verkehr abgeschafft werden. Aber es gibt eben standardisierte Crashtests die sich mit dem Unfallrisiko im jeweiligen getesteten Auto beschäftigen. Wenn man jetzt die Testparameter beliebig ändert sind die Ergebnisse nicht mehr miteinander vergleichbar, deswegen benötigt man Standards. Und genau darum werden auch WDVS in ihrem Brandverhalten standardisiert getestet. Ein positives Ergebnis führt zur Zulassung des Systems in Deutschland. Genauso wie Autos nach einer Prüfung zugelassen werden - trotzdem werden in diesen Autos Menschen ums Leben kommen. Vor Missbrauch ist eben kein Kraut gewachsen.



Bleibt noch die Frage nach den Alternativen oder was überhaupt getan werden kann um Energie zu sparen. Muss überhaupt etwas getan werden? Ich denke ja, denn:

Erdöl wird weniger und es ist definitiv zu kurz gesprungen wenn man sagt, dann heizen wir halt mit etwas anderem. Unsere Wirtschaft und Kultur gründet auf Erdöl. Ohne Erdöl keine Kleidung, keine Computer. Es ist eben nicht damit getan ein paar Elektroautos in den Innenstädten herumfahren zu lassen. Mit Dämmstoffen kann aber der Verbrauch an Erdöl zurück gefahren werden weil es nicht mehr zum Kamin hinaus geheizt wird sondern da eingesetzt wird wo es unverzichtbar ist. Es ist hoffentlich allen bewusst, das mittlerweile schon Kriege ums Öl geführt werden weil sich die führende Nation der Erde, "gods own country", nicht aus der Abhängigkeit des Erdöls befreien kann und will. Und erzählen Sie mir jetzt nix von Mineralfasern und nachwachsenden Dämmstoffen. Die einen benötigen einen hohen Energieaufwand bei der Produktion und die anderen sind in großem Maßstab nicht verfügbar oder brauchen auch den Erdöleinsatz um zum Verbraucher zu kommen. Von anderen Problemen ganz abgesehen.

4 Kommentare:

  1. Hallo Albert-sehr gut erkannt.
    Das mit dem Brandveruch hat mich trotzdem negativ Beeindruckt. Der Versuch soltte ja einen Brand zwischen den Geschossen ohne Brandriegel darstellen. Ich bin schon der Meinung, dass die Lösung mit den Brandbarieren über jedem Fenster die bessere Lösung währe, aber die beste Lösung: geleich auf A1 Material umstellen. Wird halt bei größeren Objekten wegen der Kosten nicht gemacht (ausser bei Hochhäusern, da vorgeschrieben).
    Zu den gezeigten Bauschäden kann ich nur sagen:
    Bei schwierige Anschlüsse (flächenbündigen Fenster, Klinkerfassaden etc.) sollte man doch lieber eine GUTE!!!!!! Fachfirma wählen.
    Es gibt halt mittlerweilen viele Firmen die auf den Dämmzug aufspringen nach dem Motto
    "den sie Wissen nicht was sie tun"
    Es gibt sehr viele alte WDVS-Fassaden die ohne Schäden funktionieren, vorrausgesetzt die nötigen Renovierungsintervalle werden eingehalten.
    VG Stefan

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  2. Hallo,
    ich bin zwar nicht Albert aber macht ja nix. Also grundsätzlich kann jeder Bauherr ja ein nicht berennbares System auswählen . Da haben Sie sicher Recht. Allerdings entstehen dadurch höhere Kosten, das muss klar sein. Pro Zentimeter Dämmstoffstärke ca. 1,50 €. Noch ein weiterer Nachteil wäre, das man keine Platten besser WLG 040 (Steinlamelle)bzw. WLG 035 (Mineralwolle Dämmplatte - müssen immer gedübelt werden!)

    Generell sollte man immer gute Fachfirmen nehmen weil die auch alle anderen relevanten Details in der Regel vernünftig hinbekommen. Außerdem lassn sich gute Hersteller auch mit ins Boot nehmen, für die endet die Verantwortung nicht mit dem verlassen des Materials aus dem Lager sondern erst wenn die Baustelle abgeschlossen ist. Es gehört zu meiner Praxis als technischer Berater bei Brillux Baustellen zu begleiten.

    Leider gibt es unter den Handwerkern immer wieder Pfuschbetriebe, auch wenn sie in geringerer Zahl vorkommen als man meint. Es werden im Internet ja meistens nur die negativen Ereignisse gemeldet, da verschiebt sich das Bild schon etwas. Da jeder Betrieb für seine Arbeiten eine Gewährleistungshaftung übernimmt müssten nach den Darstellungen von Konrad Fischer und Co. schon längst die meisten WDVS Verarbeiter pleite gegangen sein.

    Bei vernünftiger Planung der Dämmsysteme und einer korrekten Ausführung sind auch die Renovierungsintervalle nicht so gravierend und nicht kürzer als bei anderen hochdämmenden Fassaden (z.B. Porenbeton oder porosierter Ziegel). Das eine Fassade etwas Pflege benötigt und auch ab und an renoviert werden muss wird sicher kein Fachmann abstreiten.

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  3. Hier eine Stellungnahme inkl. Pressemitteilung von der Dena zu dem oben genannten Fernsehbericht.
    http://www.dena.de/themen/thema-bau/pressemitteilungen/pressemeldung/dena-weist-kritik-an-waermedaemmung-zurueck/

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  4. Aus dem Weser Kurier vom 30.11.2011:

    "Ohnehin erklärte die Gagfah-Sprecherin, dass das Thema Wärmedämmung in der Nachbereitung des Brandes nicht thematisiert worden sei, "da Brandstiftung vorlag". Demnach seien die in Übereinstimmung mit der Baugenehmigung gebauten Kellerersatzräume mit ihrer hohen Brandlast für das Schadensvolumen verantwortlich gewesen."

    Komisch, das liest sich ganz anderst als die reißerischen Artiklel und NDR. Aber wahrscheinlich interessiert das niemanden mehr. Hauptsache Schlagzeilen wurden produziert.

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